Was macht man, wenn man die Stativplatte bei einer Langzeitbelichtung nicht richtig festgeschraubt hat und die Kamera auf dem Stativ herunterrutscht? Genau: Man rückt das verbliebene Bild gerade und verkauft das Ganze dann als Kunst und die Unschärfe als total hippes Stilmittel (draufdrücken für die Größer-Variante).
Weniger künstlerisch, dafür erkennt man, was es sein soll:
In Ermangelung von Content und zum Warmwerden nach der langen Pause. Voilà.
Allüberall auf den Tannenspitzen und auch sonst in weiten Teilen Deutschlands wird gemeckert. Das ist soweit nicht aufregend und schon gar nicht neu, denn der Deutsche an sich meckert nunmal gern. An Studien lässt sich ohnehin vortrefflich herummäkeln, sei es wegen Erhebungsart oder -umfang, suggestiver Fragen bzw. Aussagen oder der Farbe des "Sonstige"-Anteils im Tortendiagramm. Das funktioniert umso besser, je schlechter die persönlich favorisierte Gruppe abschneidet. Im Fall des meckernden Deutschen also Deutschland. Die PISA-Studie eignet sich hier ganz hervorragend, denn unabhängig davon, wie gut oder schlecht die Ziele der Studie formuliert oder Farben der Diagramme gewählt sind: Deutschland landet in allen Punkten irgendwo hinten, und das beschert reichlich Mecker-Potential. Auch das ist nicht wirklich tagesaktuell, wohl aber meine heutigen Erkenntnisse, die damit in Zusammenhang stehen.
Was also ist zu tun? Na klar, meckern. Allem voran an der Politik, den Behörden, Schulen und sonstigen Institutionen, Nachhilfelehrern und Babysittern sowie öffentlichen Verkehrsmitteln, die den deutschen Schüler meist zu spät und/oder in völlig überfüllten Vehikeln zum Unterricht befördern. Wurde ja auch alles exzessiv gemacht, die tief betroffene Politik spendierte eine Menge Geld um die Grundschule hinter Tupfingen (die davor übrigens auch) mit einer großräumigen Mensa inklusive modernsten Dampfgarern auszustatten, zusätzlich einem Meditationszentrum sowie einer Turnhalle, in der die Kinder ihren Namen tanzen können, der dann von speziell geschultem Personal farbpsychologisch analysiert wird. Heureka. Und was hats gebracht? Na? Nix.
Und warum ist das so? Unterstellen wir mal, oben genannte Maßnahmen seien das Patentrezept gegen dumme (sic)* Schüler. Warum wird der EU-Bundesstaat Deutschland in absehbarer Zeit nicht wieder Eldorado der Dichter und Denker werden? Die Antwort fand ich eben zufällig bei der Durchsicht des heutigen Entertainmentprogramms des Heimkinos. Es gibt tatsächlich einen - mutmaßlich von Schülern im PISA-fähigen Alter stark frequentierten - Fernsehsender namens Jamba!TV. Das ist doch genau das, was der gemeine Schüler braucht, um auch noch die Hirnzellen wegzuputzen, die Nikotin und Alkohol überlebt haben. Es reicht ja auch schon lange nicht mehr, dass der "besoffene Elch" ein Gespräch einleitet, das mindestens genauso besoffen verläuft: "Ey Alda, gehst du Stadt?!" - "Ey yo Lan check das ab!" Nein, die degenerierte Ringtone-Generation braucht es täglich, 24/7, immer. Es ist ja sowieso eine Zumutung, dass man mit einem handelsüblichen Mobiltelefon maximal fünf Stunden den öffentlichen Raum mit sinnfreiem Gejaller beschallen kann, bis man zwangsweise den Akku laden muss. Genau das, was wir brauchen.
Jetzt mag man argumentieren, ey yo, der Leif spinnt doch. Nun, der Leif bewohnt an einigen Tagen der Woche zur Ausübung seines Dienstes eine Wohnung, die in unmittelbarer Nähe einer Berufsschule liegt. Und er übertreibt in seiner Darstellung keineswegs. Heute war es mal wieder besonders schlimm. Daher auch dieser Beitrag.
Und jetzt wünsche ich der geneigten Leserschaft noch einen erquicklichen Abend. Für alle, die noch nichts vorhaben, empfehle ich, mal bei Jamba!TV reinzuzappen. Das wird bestimmt zum Abspritzen geil, wenn Kacki Ducki dir winkt. Ich überlege mir derweil, ob ich lieber über die Schüler selbst oder die Klingeltonwerbung meckere.
*) Der Schüler ist natürlich nicht dumm. Er ist allerhöchstens wegen des negativen Einflusses seiner Umwelt nicht in der Lage, sein Leistungspotential auszuschöpfen.
Ja, das geht - und wie! Statt nacktem Beton und Spachtelmasse gabs in Zusammenarbeit mit der Berliner Technischen Kunsthochschule einen Facelift der besonderen Art: Die Wände des Parkhauses des Berliner Hotels wurden grundüberholt und von den Kunststudenten mit einem frischen Anstrich versehen. Nun säumen "Schattengestalten" und "Gehirnwäsche" die Ausfahrt des Parkhauses, während Parkdeck 6 wohl der zukünftigen Eigentümerin und Bald-Knacki Paris gewidmet ist. "Gittertänzer" heißt das Werk und zeigt eine Gruppe Tänzer aus der Perspektive, die Paris bald auch erleben darf.
Derweil bestätigte der vorsitzende Richter des Verfahrens gegen Paris, dass es keine nennenswerten Hafterleichterungen für sie geben werde. Allerdings soll die Strafe von 45 Tagen Haft wegen "guter Führung" bereits um die Hälfte reduziert worden sein: Paris erschien pünktlich zum Termin bei Gericht. Außerdem soll es als Insasse der Promi-Meile im Lynwooder Gefängnis möglich sein, gegen geringes Entgelt Privilegien erkaufen zu können. Wenn das mal nichts ist. Den Gouvernator jedenfalls wirds freuen, schließlich kann er jeden Cent für den öffentlichen Haushalt brauchen. Wer weiß, vielleicht kann Paris sich nochmal gut führen und den schmucken Bau des Century Regional Detention Center genauso schön bepinseln wie ihr Berliner Hotel. Falls sie lieber bei Parking-Lot-Art bleiben möchte: Groß genug scheint der Parkplatz vor ihrer zukünftigen Residenz ja zu sein. Hauptsache, sie kommt zum Antritt ihrer Strafe nicht mit dem Auto...
Tja, was soll man dazu sagen? Der Eurovision Song Contest 2007 ist vorbei, gewonnen hat der unscheinbare Beitrag aus Serbien, gefolgt von der Clownsnummer aus der Ukraine und einer durchgestylten Performance aus Russland. Immerhin ist mit Molitva der Siegertitel ein einigermaßen ernstzunehmender Beitrag - auch wenn der Auftritt durchaus comedyhafte Züge trug - auf Platz eins gelandet und nicht der Alienjäger in weißen Overknees.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass offensichtlich viel weniger nach musikalischen sondern fast überwiegend geographischen Gesichtspunkten abgestimmt wird, es Sinn macht, seine Landsleute alle anderen Staaten infiltrieren zu lassen, weil man so auch mit der miesesten Leistung in den Top 4 landet (bezeichnenderweise wurde die beste Platzierung für Deutschland in den letzten zehn Jahren durch unsere türkischen Freunde geholt) und dass die Balkan-Connection wohl doch keine Verschwörungstheorie ist. Oder sollte es Zufall sein, dass - abgesehen von Litauen - die gemeinhin als westlich bezeichneten Teilnehmer geschlossen die letzten Plätze belegen?
Sei es, wie es sei, mit dem Ergebnis war im Großen und Ganzen zu rechnen, auch wenn man es nicht gehofft hat. Nächstes Jahr geht der Spaß dann wieder von vorne los, und es wird wieder genau so ein Ergebnis geben wie die 52 Mal davor.
In diesem Sinne: See you in Belgrade (or wherever in Serbia) 2008.
Das war ja mal eine interessante Einheitsbrei-Vorspeise, die am Donnerstag über die finnische Bühne ging. Insgesamt kam ein Votum dabei heraus, mit dem man - unter anderem ich selbst - gerechnet habe. Andere guckten recht belämmert aus der Wäsche, nachdem die Balkan-Connection gesprochen hatte. Aber auch das war nicht weiter verwunderlich, eine Art Türkei-Effekt auf ex-sowjetisch halt. Im Großen und Ganzen also nichts, woraus man Verschwörungstheorien stricken könnte, wenngleich es doch immer wieder ein Aufreger ist. Deswegen soll der Voting-Modus auch 2009 geändert werden, sagt jedenfalls ein - westeuropäischer - Vertreter des ESC-Reference-Boards. Der sieht auch sonst Vorteile für Top-10-Qualifikanten, da sich ihre Musik "im Vorfeld besser einprägt". Auch das estnische Board-Mitglied hat Sorgen, dass aufgrund osteuropäischer Übermacht das reiche Westeuropa den ESC-Geldhahn zudreht. "Es muss sich etwas ändern, und zwar schnell."
Aber egal, ob Ost-, West, Nord- oder Südeuropa: Es wird immer Länder geben, die mehr das eine als andere Land favorisieren werden, unabhängig von deren Titel. Der von allen "Experten" (sic!) hoch gehandelte Titel aus Andorra ("Let's Save The World" von Anonymous) soll auf Platz elf gelandet sein, die dänische Travestienummer "Drama Queen" auf 14. Das lag mit Sicherheit nicht an mangelnder musikalischer Qualität, sondern wohl vielmehr daran, dass diese kleinen Länder nicht so mit ihren Nachbarn verwurzelt sind wie zum Beispiel Lettland oder Weißrussland.
Quelle der zitierten Erkenntnisse:NDR
So, und als weiterer Experte (sic!!!) freue ich mich, dass viele meiner Favoriten das Halbfinale erfolgreich überstanden haben und heute Abend eine tolle Show bieten können. Und ich hoffe, dass Karolina Goceva ihr volles Potential auch mal voll ausschöpft - das war in der Vorrunde nicht der Fall. Außerdem hoffe ich - mit vollem Verständnis für Diaspora-Voting - dass wenigstens ein bisschen nach musikalischer Leistung abgestimmt wird und nicht für das beste Karnevalskostüm aus Alufolie aus der Ukraine. Zumindest in der Hinsicht bin ich aber voll guter Hoffnung, da ja auch die israelischen Teebeutel nichtmal lauwarm gebrüht worden sind, obwohl sie auch mehr auf Zuschauerbelustigung als auf Singen gesetzt haben.
Hier dann also meine ultimative Experten-(sic)-Rangliste:
1. Hanna Pakarinen - Leave Me Alone (Finnland)
2. Karolina Gočeva - Mojot Svet (Mazedonien) Bitte mehr Power als im Halbfinale!
3. Natalie Barbu - Fight (Moldawien)
4. Serebro - Song #1 (Russland)
5. Magdi Rúzsa - Unsubstantial Blues (Ungarn)
Außerdem in den Top 10:
Marija Šestić - Rijeka Bez Imena (Bosnien-Herzegowina)
4 Fun - Love Or Leave (Litauen)
Scooch - Flying The Flag (For You) (UK)
Roger Cicero - Frau'n regier'n die Welt (Deutschland)
Elitsa Todorova & Stoyan Yankulov - Voda (Bulgarien)
Damit korrigiere ich meine Erwartungen an Roger C. drastisch nach oben. Außerdem habe ich auch eine erkleckliche Anzahl von Balkan-Connection-Mitgliedern unter den besten Zehn. Wer weiß, vielleicht ist die Musik dort ja wirklich gut?!
Anyway, in ein paar Stunden sind wir schlauer. Bis 19 Uhr nehme ich auch noch Wetten in Kommentarform entgegen. Wer sich also auch zum Experten berufen fühlt, möge bitte posten!
Hurra! Deutschland hat also einen Superstar. Mal wieder, inzwischen ist es der vierte. Und direkt eine Woche nach diesem großartigen Ereignis wird die Macht wieder beim Volk liegen und ein europäischer Superstar (auf dem Niveau bestimmt Megastar) gekürt werden.
Am Montag begannen die Proben zum diesjährigen ESC, Donnerstag beginnt das "Halbfinale". Nein, ESC steht hier nicht nicht für Escape – auch wenn man bei einigen Teilnehmern vielleicht doch ernsthaft über Flucht nachdenkt – sondern für den großartigen Eurovision Song Contest, auch bekannt als Concours Eurovision de la Chanson, vormals Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne und davor noch ganz anders.
In diesem Teil I habe ich mir mal das Vergnügen gemacht, die Contestants in den diversen Plattformen einem akustischen – und soweit möglich – optischen Test zu unterziehen. Dabei habe ich ein interessant heterogenes Teilnehmerfeld gefunden, das meist den üblichen homogenen Einheitsbrei liefert. Das ist bekanntermaßen das Problem bei Mehrheitsentscheidungen – je größer die Anzahl der Individuen, desto vermanschter der Konsens, oder etwas akademischer ausgedrückt: Desto näher liegt die mehrheitsfähige Lösung an der des Medianwähler. Dennoch habe ich einige Beiträge gefunden, die – jetzt mal diplomatisch ausgedrückt – sehr individuell sind. Beispielsweise der israelische Beitrag, der möglicherweise so politisch motiviert ist, dass er noch vor Donnerstag disqualifiziert wird. Na gut, der Titel ist in seiner Darstellung schon sehr eigen, aber prinzipiell sollte es legitim sein, sein Anliegen musikalisch transportieren zu dürfen. Dennoch finde ich, dass eine Disqualifikation nicht der Verkehrteste wäre – allerdings nicht wegen unangemessener Äußerungen, sondern musikalischer Stümperei. Der zum Song gehörende Writer und Komponist ist übrigens seit mehreren Jahren extrem gut im Geschäft.
Dann gibt’s da noch den oder die ukrainische/n Interpreten/Interpretin Verka Serduchka, der/die/das mit "Dancing Lasha Tumbai" antritt. Das Ganze mit Alien-Gedankenlese-Abwehr-Hut aus Alufolie und einem hochgradig lyrischen Text, was insgesamt stark an Stefan Raabs "Wadde hadde dude da" erinnert, bloß dass dieses Mal vollständige deutsch- und anderssprachige Wörter (meist die Zahlen eins, zwei und sieben, ab und an auch noch die Drei) gebildet werden. Kostprobe gibt’s hier. Auf seiner eigenen Website bezeichnet er/sie/es sich übrigens treffenderweise als MegaStar.
Überhaupt – seitdem die Nummer mit dem Transvestiten einmal funktioniert hat – und damit meine ich nicht Daniel Küblböck - wird’s ja immer wieder gerne versucht. Dieses Jahr sogar gleich mindestens zweimal - der Sänger des dänischen Titels könnte direkt aus dem Lady-Marmelade-Video von Pink & Co gebeamt worden sein, die schwedischen Protagonisten kommen augenscheinlich direkt aus Frank'n'Furters Transsilvanien, singen aber leider nicht annähernd so gut.
Aber es gibt auch Positives zu berichten, denn einige Köche haben ganz ausgezeichneten Einheitsbrei aufgetischt, der auch gar nicht so einheitsgrau ist: Die finnische Superstar-Gewinnerin von 2004 (anders als deutsche Superstar-Kollegen für diverse Titel inzwischen mehrfach mit Gold und Platin ausgezeichnet) ist mit "Leave Me Alone" wieder eine potentiellen Gewinnerin, für Karolina Gočeva (Mazedonien) bedeutet Musik die Welt – "Mojot Svet", was für sie sicherlich auch einen der vorderen Plätze bedeutet, sollte sie in ihrer Landessprache singen und somit den Großteil der Zuhörer in gnädiger Unkenntnis über die englische Bedeutung ihrer Worte lassen. Natalia Barbu hat mit "Fight" einen ähnlich guten Rock-Titel für Moldawien im Gepäck, ebenfalls hörenswert sind die Beiträge aus Ungarn, Zypern, Island und Polen, wobei letztere auf eine Mischung von Rap und Stilelementen der 20er Jahre setzen – ein Mix, in dem ersterer eher stört. UK setzt konsequent auf Union-Jack-Transporte per Plastic-Bubblegum-Pop à la Banaroo mit Wortwitz und einem Schuss Patriotismus, was leider nur in der ersten Minute des Songs funktioniert, dafür entschädigt – wenigstens halbwegs – eine ausgefeilte Saftschubsen-Choreografie und der abschließende Dank, sich das Ganze angehört zu haben.
Dann gibt es noch eine Reihe von Titeln, die recht solide & gut gemacht, aber eben nicht besonders sind und daher wohl auch nicht ganz vorne landen werden und jene, auf die "Idee gut, Ausführung schlecht" zutrifft. Beispielsweise haben Todomondo in "Liubi Liubi I Love You" sechs Sänger für sechs Strophen in sechs Sprachen. Leider akustisch nicht genießbar. Die serbische Teilnehmerin Marija Šerifović hat mit Molitva einen wirklich tollen Titel und liefert eine gesangliche Bestleistung ab. Da aber in Zeiten von Farbfernsehen und HDTV Auge auch mithört sind ihre Gesamtchancen wohl eher nicht so berauschend.
Und was bedeutet das alles? Probably nothing. Es wird alles sein wie immer: Thomas Herrmanns wird callen und 12 Points an die Türkei verteilen, während backstage Champagner verköstigt wird und Millionen Menschen am Fernseher mitfiebern und hochrechnen. Es wird jemand gewinnen, den niemand als Sieger erwartet oder Transvestit ist; nachher weiß natürlich jeder um die musikalische Brillanz desjenigen und hat "natürlich für ihn gevoted!"
Mir fällt gerade auf, dass ich "unseren" von Frauen regierten Roger Cicero noch gar nicht erwähnt habe. Da der als Big-Four-Kandidat sowieso fürs Finale gesetzt ist und mit der Qualifikationsrunde nichts zu tun hat, mach ich das auch erst beim nächsten Mal.